Neben den Fragen, wem das Haus oder das Sorgerecht der Kinder zusteht, stehen in einem Scheidungsverfahren nicht selten auch Streitigkeiten über Haustiere im Raum. Vereinbarungen darüber, wer ein Tier nach der Scheidung erhalten soll, werden in der Realität kaum getroffen, weshalb es häufig zu Streitigkeiten kommt. Schließlich stellt sich die Frage: Wem steht das Haustier rechtmäßig zu?
Im Jänner 2023 hat sich der Oberste Gerichtshof (OGH) in der Sache Ob 254/22t mit der Frage beschäftigt, an wen der Kater zweier bereits geschiedener Eheleute gehen soll. In seinem Urteil hält der OGH fest, dass dem Ehemann der Anspruch auf Herausgabe des Haustieres zustehe, da dieser die stärkere emotionale Bindung zum Kater habe.
𝗪𝗼𝗻𝗮𝗰𝗵 𝗲𝗻𝘁𝘀𝗰𝗵𝗲𝗶𝗱𝗲𝘁 𝘀𝗶𝗰𝗵, 𝘄𝗲𝗿 𝗲𝗶𝗻 𝗛𝗮𝘂𝘀𝘁𝗶𝗲𝗿 𝗯𝗲𝗸𝗼𝗺𝗺𝘁?
Im nachehelichen Aufteilungsverfahren wird die Zuordnung eines Tieres grundsätzlich als eine Frage der Güterzuteilung betrachtet. Dementsprechend werden Haustiere in erster Linie als Güter mit bestimmtem Vermögenswert betrachtet. Die Zuteilung entscheidet sich somit nach dem wirtschaftlichen Interesse an der Sache.
Allerdings zeigt die obige Entscheidung des OGH, dass Haustiere für ihre Besitzer oft mehr als nur Objekte sind. Sie werden oft sogar als Familienmitglieder betrachtet. In solchen Fällen wird die emotionale Bindung zum Tier berücksichtigt.
𝗪𝗼𝗻𝗮𝗰𝗵 𝗲𝗻𝘁𝘀𝗰𝗵𝗲𝗶𝗱𝗲𝘁 𝘀𝗶𝗰𝗵, 𝘄𝗲𝗿 𝗱𝗶𝗲 𝗶𝗻𝘁𝗲𝗻𝘀𝗶𝘃𝗲𝗿𝗲 𝗕𝗶𝗻𝗱𝘂𝗻𝗴 𝘇𝘂𝗺 𝗛𝗮𝘂𝘀𝘁𝗶𝗲𝗿 𝗵𝗮𝘁?
Aus der Entscheidung des OGH geht hervor, dass für die Bestimmung der Bindungsverhältnisse zwischen dem Haustier und seinen Besitzern vor allem die während der Ehe erfolgte Sorge und Zuneigung als Anhaltspunkte herangezogen werden.
Eine regelmäßige Pflege und Fütterung des Tieres sowie der Kauf der dafür benötigten Produkte, gemeinsames Spielen und Spaziergänge (wenn dies entsprechend der Art des Tieres möglich und/oder erforderlich ist) können als Gründe dafür dienen, dass ein Tier an eine bestimmte Person oder einen bestimmten Ort gewöhnt ist und eine stärkere emotionale Bindung zu einem der Ehepartner aufweist.
Zwar ist es nicht unwichtig zu klären, für wen das Tier ursprünglich gekauft wurde oder ob es ein Geschenk eines Ehegatten an den anderen war, jedoch hat diese Frage eine eher nachrangige Bedeutung. Das Wohl des Tieres und die Frage, bei welchem Ehepartner es besser aufgehoben und weniger Stress ausgesetzt ist, stehen hier an erster Stelle.